Am Freitag steht in Berlin eine Sitzung des Bundesrates an, die spannend werden könnte. Das ist – ehrlich gesagt – nicht immer der Fall, denn die Vertretung der Länder steht mit ihrer Schlussentscheidung ganz am Ende eines Gesetzgebungsverfahrens. Oft ist dann schon vorher klar, wie es ausgehen wird. Aber am Freitag könnte das anders sein und zwar gleich bei verschiedenen Themen, die es jedes für sich in sich haben.
Wachstumschancengesetz
Eine dieser seltsamen Wortschöpfungen, die den Sinn eines Gesetzes kaum erkennen lassen. Hier geht‘s um Wirtschaftspolitik. Teile der deutschen Wirtschaft dümpeln derzeit mehr oder weniger vor sich hin und wir sind von Wachstumsraten wie in anderen Ländern ziemlich weit entfernt. Das kann nicht so bleiben, darin sind sich eigentlich alle einig. Deswegen hatte die Bundesregierung Steuererleichterungen für die Unternehmen vorgesehen, die zu Investitionen anregen sollten.
Der Nachteil: Dieses Gesetz hätte in seiner ursprünglichen Fassung zu riesigen Steuerausfällen in den öffentlichen Kassen geführt, die sowieso schon gestresst sind. Deswegen haben die Länder im sog. Vermittlungsausschuss einen Kompromiss durchgesetzt, der diese Folgen deutlich reduziert.
Positiv sind insbesondere Impulse für die notleidende Bauwirtschaft und für Anstrengungen bei Forschung und Entwicklung. Deswegen macht das Gesetz auch Sinn und alle sollten dafür sein. Das sind eigentlich auch die meisten, aber die CDU-regierten Länder machen ihre Zustimmung davon abhängig, dass es vorher eine Einigung bei der Entlastung für die Landwirtschaft gibt.
Das ist zwar ein ganz anderes Thema, aber so bleibt es spannend… Tendenz: Das Gesetz kommt.
Entlastungen für die Landwirtschaft
Die Proteste der Landwirte in den letzten Monaten haben sich nur auf den ersten Blick dagegen gerichtet, dass Steuererleichterungen für den Agrar-Diesel abgeschafft werden sollen. So steht es im Bundeshaushalt, aber vorher muss dafür noch ein Gesetz geändert werden, um das es am Freitag im Bundesrat geht: Das Haushaltsfinanzierungsgesetz (noch so ein Bandwurmwort) des Bundes.
Das ist normalerweise eine Formsache, in diesem Jahr wegen des Agrar-Diesels aber nicht. Denn die Länder können über den Bundesrat dieses Gesetz einstweilen stoppen, indem sie den Vermittlungsausschuss anrufen. Und das würden sie wohl auch, wenn es vorher nicht vernünftige Vorschläge zur Entlastung der Landwirte gibt. Dabei geht es nicht nur ums Geld, sondern auch um die viel zu vielen Vorgaben für die Landwirtschaft.
Kommt es zu (notwendigen) Entlastungen für die Landwirtschaft? Das ist am Anfang der Woche noch nicht klar. Derzeit wird viel geredet mit der Landwirtschaft, die Bundesregierung tut es und die Ampelfraktionen im Bundestag auch. Aber ob es zu einem vernünftigen Ergebnis kommt, was ich hoffe, ist am Wochenanfang noch offen und damit auch die Zustimmung der Länder zum Haushaltsfinanzierungsgesetz. Es bleibt also spannend.
Cannabisgesetz
Und noch ein Aufreger-Gesetz: Der Cannabis-Konsum soll nach dem Willen des Bundesrates nicht mehr strafbar sein, dagegen gibt es noch die geringste Kritik. Aber auch der Anbau und die Abgabe von Haschisch soll unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sein.
Dieses Gesetz ist schwer umstritten. Einerseits gibt es einige Millionen Cannabis-Konsumenten, die aus leicht nachvollziehbaren Gründen dafür sind. Und andererseits gibt es gewichtige Stimmen, die unter ganz unterschiedlichen Aspekten davor dringend abraten. Vor allem die Auswirkungen auf manche junge Leute, so sagen Medizinerinnen und Mediziner, sind sehr bedenklich.
In den vorangegangenen Ausschüssen des Bundesrates haben sich klare Mehrheiten gegen das Gesetz ausgesprochen. Im Bundesrat selbst entscheiden aber nicht mehr die einzelnen Ressorts, sondern die Landesregierungen insgesamt und damit die jeweiligen Koalitionen. Ob es unter diesen Umständen dazu kommt, dass der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anruft, ist offen. Und auch wir in Niedersachsen werden wohl erst kurz vor dem kommenden Freitag unser Stimmverhalten festlegen.
Also auch hier: Es bleibt spannend und am Ende könnte ein Vermittlungsverfahren herauskommen.
Krankenhäuser
Als ob es noch nicht genug wäre, kommt es dann noch zu einer ganz wichtigen Frage für die Krankenhäuser, von denen derzeit viele tief in den roten Zahlen stecken. Mit dem Transparenzgesetz will die Bundesregierung für bessere Informationen darüber sorgen, wo Stärken und auch Schwächen von einzelnen Krankenhäusern sind. Das ist für die Patientinnen und Patienten sicher sinnvoll. Aber dann müssen die Krankenhäuser endlich auch unter gesicherten finanziellen Bedingungen arbeiten können, sagen die Länder. Die Bundesregierung will dazu Klarheit schaffen durch eine verbindliche Erklärung, wie sie in einem nächsten Gesetz finanzielle Sicherheit schaffen will. Mich würde es freuen.
Tendenz: Mit allseits gutem Willen wird Klarheit für die Patienten und für die Krankenhäuser geschaffen.
Alles klar? Unkompliziert ist keines dieser Themen und wichtig für unterschiedliche Teile der Bevölkerung eigentlich alle. So eine Tagesordnung hatten wir im Bundesrat schon lange nicht mehr – high noon am Freitag.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.