Ein Thema dieser Woche steht schon einmal fest, nehme ich an: Überall in Deutschland werden die Landwirte gegen die Sparpläne der Bundesregierung protestieren und es wird zu spüren sein, wenn tausende Traktoren unterwegs sind. Hoffentlich nur das, denn darunter sind auch Krawallmacher, wie Robert Habeck und seine Familie auf eine empörende Weise in der letzten Woche erleben mussten. Damit wird einer Sache geschadet, über die sich sehr ernsthaftes Nachdenken lohnt. Worum geht’s?
Auf den ersten Blick geht es mal wieder um Geld. Die Ampel hat bekanntlich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein großes Sparpaket geschnürt und auch die Landwirtschaft gehört zu den Betroffenen. Landwirtschaftliche Fahrzeuge (die mit den grünen Kennzeichen) sollten erstmals Kfz-Steuer bezahlen und die staatliche Unterstützung für den sogenannten Agrar-Diesel sollte gestoppt werden.
Dagegen gab es große Widerstände und in der letzten Woche ist die Bundesregierung von einem Teil ihrer Pläne wieder abgerückt: Die Kfz-Steuerbefreiung bleibt und der Agrar-Diesel soll nicht mehr sofort, sondern in drei Stufen abgeschafft werden.
Das ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung, aber der Protest geht dennoch weiter. Zum einen, weil vor allem kleinere Betriebe erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen befürchten. Je nach landwirtschaftlichem Betrieb spielen die Sprit-Kosten in der Jahresabrechnung eine große Rolle und viele Bauern fürchten um die Zukunftsfähigkeit ihrer Betriebe.
Mit der ausländischen Konkurrenz könnten sie dann nicht mehr mithalten und vom Handel würden sie deswegen ganz bestimmt keinen höheren Preis für ihre Produkte bekommen. Nach meiner Einschätzung stimmt das und die Ampel sollte auch den noch verbliebenen Teil ihrer Pläne korrigieren.
Aber das ist nicht alles, wenn man genauer hinhört. Seit ungefähr zwanzig Jahren fühlen sich viele Landwirtinnen und Landwirte in einer Art Sandwich-Position. Auf der einen Seite würden die gesellschaftlichen Erwartungen immer größer – Umweltschutz, Klimaschutz, Naturschutz, Tierschutz, Verbraucherschutz sind dafür Stichworte. Dafür gibt es gute Gründe und viele Landwirte sind (inzwischen) auch veränderungsbereit.
Sie weisen aber mit Recht auf ein Dilemma hin: Wie lassen sich die Investitionen für all das stemmen? Die deutsche Landwirtschaft ist Teil eines großen internationalen Marktes und die Abnehmer der landwirtschaftlichen Produkte haben sehr viel Auswahl.
Würde es endlich die Pflicht geben, die Herkunftsländer von Produkten und ihren Zutaten im Supermarkt oder bei Angeboten im Restaurant anzugeben, würden wir Verbraucherinnen und Verbraucher uns in vielen Fällen wundern. Es geht also um Wettbewerbsfähigkeit in einem schwierigen Markt.
Und es kommt noch etwas anderes hinzu: Viele in der Landwirtschaft leiden unter einem schlechten Image, das ihnen zugeschrieben wird, anstatt die harte und auch verantwortungsvolle Arbeit anzuerkennen, die in den landwirtschaftlichen Betrieben in aller Regel geleistet wird. Und sie fürchten, die Kinder würden am Ende den Hof nicht mehr übernehmen und so ist es auch tatsächlich in vielen Fällen, in denen zum Teil vielhundertjährige Familientraditionen enden.
Diese Sorgen habe ich in den letzten zehn Jahren oft gehört und es ist ganz bestimmt etwas dran. Die konkreten Folgen sind im großen Agrarland Niedersachsen zu sehen: In vielen Dörfern gibt es noch gerade einen Betrieb, wo früher fünf und mehr davon existierten. “Wachsen oder weichen” – das war die marktwirtschaftliche Antwort auf die Probleme im Agrar-Bereich.
Im Grunde geht es um eine entscheidende Frage: Welche Perspektive hat die Landwirtschaft in Deutschland?
Auf diese Frage hat die Politik leider in vielen Jahren noch keine vernünftige Antwort gegeben. Dabei gibt es kluge Vorschläge aus entsprechenden Kommissionen, aber die Umsetzung wird von einer Legislaturperiode auf die nächste verschoben. Wenn der Streit um den Agrar-Diesel hoffentlich bald und hoffentlich ohne Randale ein Ende hat, wäre die richtige Konsequenz aus den aktuellen Erfahrungen, damit endlich anzufangen.
Und für die, die dieses spannende Thema näher interessiert, hier noch zwei Lese-Tipps, die sich lohnen:
– Uta Ruge: Bauern, Land (2020) – die Geschichte einer Familie von Moorbauern im Hadeler Land an der Elbe und nebenbei der Landwirtschaft in den letzten Jahrhunderten insgesamt.
– Ewald Frie, Ein Hof und elf Geschwister (2023) – das ebenfalls sehr lesenswertes Beispiel einer Familie von westfälischen Milchbauern.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.